Warum Gewalt gegen Frauen wächst – und wie ihr zu begegnen ist

Autorin: Susanne Kaiser

Der vorliegende Text basiert auf leicht veränderten Auszügen aus dem Buch „Backlash. Die neue Gewalt gegen Frauen“. Tropen 2023.


Die Haustür ist mit Sicherheitsschlössern übersät.

Es würde minutenlang dauern, sie alle zu öffnen. Frau F. weiß das. Sie hat immer vor Augen, dass sie nicht einfach das Haus verlassen kann. Sie hat Angst. Die verschlossene Tür existiert nicht nur in ihrem Zuhause, sondern auch in ihrem Kopf. Die Vorrichtungen hat ihr Mann während der Pandemie angebracht. Damit sie nicht noch einmal versucht abzuhauen. Schon lange hält sie die Situation mit ihm nicht mehr aus. Seine Gewalt. Die ständigen Drohungen. Die Kontrolle. Sie will wieder Vollzeit arbeiten, er akzeptiert das nicht. Als sie ihn dazu auffordert, Drogen und Alkohol wenigstens vor den Kindern sein zu lassen und von der Couch aufzustehen, um im Haushalt mitanzupacken, würgt er sie. „Er hat Angst davor, die Kontrolle über seine Frau zu verlieren, seinen Machtanspruch, seinen Besitz“, sagt Asha Hedayati, Anwältin für Familien- recht in Berlin. Regelmäßig twittert sie über Gewalt gegen Frauen. 32000 Leute folgen ihr dabei. Frau F. ist eine ihrer Mandantinnen – eine Juristin, genau wie Hedayati. Und der gewalttätige Mann, um den es in diesem Fall geht, ist ein angesehener Richter in Köln.

Dieses Beispiel beschreibt ein Phänomen, das immer weiter um sich greift: Wir erleben einen Backlash gegen den Aufstieg der Frauen, mit ganz neuen Formen der Gewalt. Von immer mehr Seiten schlägt Frauen Feindschaft entgegen. Mit Gewalt soll die hart erkämpfte Gleichberechtigung rückgängig gemacht werden. Schauplätze: das eigene Zuhause, wo die Gewalt gegen Partnerinnen zunimmt. Das Internet, wo sich der Hass auf Frauen vor den Augen der Öffentlichkeit immer heftiger Bahn bricht. Die Politik, wo misogyne Rhetorik immer eher zum Repertoire von rechten Populisten gehört. Das Gesetz, wo hart erkämpfte Frauenrechte zurückgeschraubt werden. Und überall dazwischen.

Ein Teufelskreis aus Fortschritt und Backlash

Je gleichberechtigter Frauen sind, desto mehr geraten sie unter Druck, desto mehr nehmen Hass und Gewalt gegen sie zu – und nicht ab, wie wir bei fortschreitender Gleichberechtigung eigentlich erwarten würden. Auf der einen Seite wird unsere Gesellschaft immer progressiver, scheinbar unaufhaltsam. Auf der anderen Seite erleben wir die krassesten Rückschläge.

Frauen sind in immer höheren Machtpositionen vertreten, sie sind als Staatschefinnen tätig und bestimmen die Außenpolitik. Sie sind Influencerinnen auf Twitter, TikTok und Instagram, setzen gesellschaftliche Themen und lenken Debatten. Sie machen Karriere in ehemaligen Männerdomänen und leben sexuell selbstbestimmt, vor den Augen einer riesigen Followerschaft. Sehr viele Menschen finden es ganz unabhängig vom eigenen Geschlecht richtig, wenn Frauen die gleichen Chancen haben wie Männer. Sie sind davon überzeugt, dass das Geschlecht keinen wesentlichen Einfluss auf die Leistungen einer Person hat. Sie respektieren ihr weibliches Gegenüber und begegnen ihm auf Augenhöhe. Frauen können sich so im fairen Wettkampf gegen männliche Konkurrenz durchsetzen. Und sie erfahren heute vielfach Anerkennung. Das gab es früher so nicht, schon gar nicht für Frauen in Männerdomänen.

Der Aufstieg der Frauen ist also nicht erzwungen, oktroyiert oder gesetzlich verordnet, wie rechte Demagogen immer wieder behaupten. Er kommt aus der Mitte der Gesellschaft.

Wenn Frauen heute in so vielen Machtpositionen vertreten und akzeptiert sind, wenn sie so viele Rechte und so viel erreicht haben – wie kann es dann sein, dass Gewalt gegen sie zunimmt? Und zwar nicht irgendwelche Gewalt, sondern solche Formen, die Frauen treffen, weil sie Frauen sind: Partnerschaftsgewalt, Femizide, sexuelle Übergriffe, Stalking, Hetze, völlige Kontrolle über das gesamte Leben. Feministischer Fortschritt geht mit männlicher Gewalt einher, sie wachsen gemeinsam. Jedoch nicht parallel, wie es uns das gesellschaftliche Bild vermittelt: Erfolgreiche Frauen sind unantastbar und können keine Opfer sein. Dieses Bild ist grundlegend falsch. Es sind genau dieselben erfolgreichen Frauen, gegen die auch mehr Gewalt verübt wird. Die Gewaltforschung benennt zwei Gruppen, die seit einiger Zeit die verletzlichsten sind: arme Frauen – das wussten wir schon, denn sie sind am abhängigsten und verfügen über die wenigsten Ressourcen und Möglichkeiten, sich aus gewaltvollen Partnerschaften zu befreien. Und Akademikerinnen. Es trifft sie, wenn sie mit ihrem Partner auf Augenhöhe oder beruflich erfolgreicher sind als er.
Die Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen nicht nur existiert, sondern sogar zunimmt, rückt erst ganz allmählich ins öffentliche Bewusstsein. Und das, obwohl die Zahlen längst – für alle öffentlich sichtbar – auf dem Tisch liegen. »Gewalt gegen Frauen und Kinder ist die häufigste Form von Gewalt weltweit«, steht auf den Seiten der Berliner Senatsverwaltung. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt: Ein Drittel aller Frauen auf der Welt erfährt irgendwann im Leben Gewalt. Frauen zwischen 15 und 44 Jahren werden eher durch Gewalt ihres Partners getötet oder verletzt als durch Krebs, Autounfälle, Krieg und Malaria – und zwar zusammengenommen. Wir wissen also, dass diese Gewalt nicht nur einfach irgendwo auf der Welt passiert, wo es ohnehin schlecht um Frauen- rechte bestellt ist. Sondern überall. Auch mitten in Europa, hier bei uns.

In Deutschland sind es 40 Prozent der Frauen, die seit ihrem 16.Lebensjahr körperliche oder sexualisierte Gewalt erlebt haben. Und fast jede zweite Frau kennt Formen psychischer Gewalt: Einschüchterungen, Anschreien, Drohungen, Beschimpfungen, Verleumdungen, Demütigungen, Psychoterror, systematische Kontrolle, Isolierung, extreme Eifersucht. All das ergab eine große repräsentative Studie des Familienministeriums zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland bereits vor zehn Jahren.

Das Bundeskriminalamt gibt seit 2015 eine »Polizeiliche Kriminalstatistik zu Partnerschaftsgewalt« heraus, um der »zunehmenden Bedeutung des Gesamtphänomens« gerecht zu werden, wie es darin heißt. Den Behörden ist das Problem bekannt. Jedes Jahr klettern die Zahlen ein Stückchen höher, von 104 000 weiblichen Betroffenen 2015 auf knapp 120 000 im Jahr 2020. Bei den erfassten Fällen handelt es sich ausschließlich um das Hellfeld, das heißt um die angezeigten Taten. Die Statistik »bietet kein getreues Spiegelbild der Kriminalitätssituation«, denn das Dunkelfeld wird bisher nicht erforscht.
Dabei liegt inzwischen sogar eine Langzeitanalyse vor, die der Kriminologe Christian Pfeiffer durchführte. Die zeigt: Vor allem bei den schweren Gewaltverbrechen ist der Anteil der Taten im eigenen Zuhause in den letzten zwanzig Jahren gestiegen. Vergewaltigungen haben um mehr als 30 Prozent zugenommen. Pfeiffer fordert daher die Politik dazu auf, das Dunkelfeld und die Gründe dafür auszuleuchten sowie die Frage zu klären, ob »vermehrt solche Männer, die sich von der zunehmenden Stärke der Frauen bedroht sehen und mit dem Verlust ihrer traditionellen Dominanzrolle nicht klarkommen«, zu Tätern würden.
Dass nicht ausschließlich die Anzeigebereitschaft zunimmt, wie oftmals suggeriert wird, sondern das Dunkelfeld gleichermaßen wächst, bestätigen jene, die mit gewaltbetroffenen Frauen zu tun haben. Anwält:innen, Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen in Frauenberatungsstellen oder Frauenhäusern kämpfen seit Jahren mit steigenden Zahlen. Alarmierend sind außerdem die Formen der Gewalt, die zunehmen: Es werden immer mehr sexualisierte Gewalttaten, offline und online, verübt. Das zeigt, dass es darum geht, Frauen auf ihren Körper zu reduzieren, sie zu unterwerfen und zurück auf einen untergeordneten gesellschaftlichen Platz zu verweisen.

Damit stellt sich auch die Frage nach den Tätern – nach Männern, die gewalttätig sind. Denn natürlich sind es nicht einfach alle Männer. »Die Männer« gibt es genauso wenig wie »die Frauen«. Bei den Gewalttätern scheint wie bei den Gewaltbetroffenen das Klischee ebenfalls nicht zu passen: ungebildet, arbeitslos, ständig betrunken. Oder vornehmer ausgedrückt: »prekäres« und »bildungsfernes« Milieu. Wenn Gewalt gegen Akademikerinnen zunimmt, dann sind es zumeist akademische Haushalte, in denen Gewalt stattfindet. Akademisch gebildete Ehemänner, die vergewaltigen und demütigen. Womit noch ein weiteres Klischee als solches entlarvt wäre: Gebildete Männer sind grundsätzlich eher feministisch eingestellt und für Gleichberechtigung. Macht und Missbrauch hängen zusammen, wie auch die Studie »Sexismus im Alltag« im Auftrag des Familienministeriums verdeutlicht: »Etablierte«, das heißt Akademiker mit Studium der Medizin, Betriebswirtschaft oder Ingenieurwissenschaft in Führungspositionen, hegen die größten sexistischen Ressentiments gegen Frauen.

Die gewalttätigen Männer sind vom Typ her also ambivalent und eben nicht die rüden Schläger, die uns als Klischee so oft begegnen. Manche vertreten nach außen absolut progressive Ansichten, würden sich selbst sogar als feministisch bezeichnen und haben sich gezielt eine Akademikerin als Partnerin ausgesucht. Aber in den eigenen vier Wänden denken und handeln sie zutiefst patriarchal, als wäre dort eine rote Linie erreicht. Zu Hause machen sie heimlich all das rückgängig, wofür Frauen so lange gekämpft haben: das eigene Konto und finanzielle Unabhängigkeit. Freie Entscheidungen. Sexuelle Selbstbestimmung. Wie lassen sich diese Widersprüche erklären? Offenbar lastet eine große Spannung auf diesen Männern: Einerseits wollen sie zur gesellschaftlichen Avantgarde gehören, die sexistisches und misogynes Verhalten nicht mehr toleriert. Andererseits haben sie große Angst davor, die Kontrolle zu verlieren, die sie aufgrund ihrer Erziehung für männlich halten. Zu Hause im Privaten entladen sich diese gegensätzlichen Ansprüche in Gewalt.

Der Nährboden für den Backlash, für den massiven Hass auf Frauen und für die steigende Gewalt, liegt im Wandel unserer Gesellschaft: Einerseits ist unsere Welt noch zum größten Teil auf Männer zugeschnitten, orientiert sich an männlichen Maßen und Bedürfnissen. Andererseits sind weiße heterocis Männer in gesellschaftlichen Debatten nicht mehr die Norm, nach der sich alles richtet, sondern eine Identität unter vielen. Das bedeutet einen großen Verlust, von Gewissheiten und von Privilegien. Die Prägung durch die noch immer wirkmächtigen Erzählungen von männlicher Stärke auf der einen Seite und der gleichzeitig real erfahrbare Geltungsverlust von Männern in der Gesellschaft auf der anderen Seite erzeugen eine Schere von Auftrag und Möglichkeiten – eine Mission Impossible, die viele Männer nur noch mit einem Mittel glauben, erfüllen zu können: mit Gewalt. Die Körper von Frauen müssen als Blitzableiter für unauflösbare Konflikte, Niederlagen und Kränkungen, für männliche Machtfantasien und Überheblichkeit herhalten.

Wie lässt sich die Dynamik aus Gleichberechtigung und Gewalt durchbrechen?

Gerade progressive Demokratien scheinen aktuell einen besonders gravierenden Backlash zu erleben. Bei den skandinavischen Ländern spricht man schon seit einiger Zeit vom „Nordischen Paradox“: Einerseits sind sie Vorreiter bei der Gendergleichstellung, andererseits erfahren Frauen hier mehr häusliche Gewalt, Missbrauch und sexuelle Übergriffe als in anderen Regionen Europas. Dass es nicht nur die höhere Anzeigebereitschaft und eine größere Sensibilisierung sind, welche die Zahlen steigen lassen, sondern autoritäre Ressentiments gegen Frauen und politische Minderheiten viel tiefer sitzen, bestätigen die Wahlergebnisse der Rechten. In einer Studie des Europäischen Parlaments zur digitalen Gewalt gegen Frauen ist Schweden ebenfalls ganz vorne, zusammen mit Finnland, Dänemark, Belgien, Luxemburg und der Slowakei. In diesen Ländern sind Frauen ab 15 Jahren besonders krass von Cyberstalking betroffen. Für Finnland attestiert eine Studie der Nato, dass die fünf Personen der ehemaligen Regierung von Sanna Marin, die am heftigsten mit Hassrede und Missbrauch auf Twitter zu kämpfen hatten, allesamt weiblich sind. Die Onlinehetze gegen die finnischen Spitzenpolitikerinnen habe extrem misogyne und bedrohliche Formen angenommen. Der Hass entludt sich gegen das weiblichste finnische Parlament aller Zeiten. Die Beispiele zeigen: Es kann auch wieder rückwärtsgehen.

Es reicht eben nicht, sich feministisch zu labeln, ohne die tatsächliche Ungleichheit zu beseitigen. Einerseits ist das Patriarchat von der Idee her überwunden, faktisch aber eben nicht. Wenn der Staat den misogynen Hatern und Gewalttätern nicht den Nährboden entzieht, sondern einfach das Terrain überlässt, egal ob im Netz, auf der Straße oder zu Hause, dann formieren diese einen gewalttätigen Backlash gegen den verhassten Aufstieg von politischen Minderheiten, allen voran Frauen. Je steiler ihr Aufstieg, je sichtbarer sie werden, besonders in Machtpositionen, desto krasser der Backlash. Wie lässt sich diese Dynamik durchbrechen?

Zum einen müssen wir das Patriarchat auch strukturell beenden und männlicher Gewalt repressiv begegnen. Dazu gehört, das Schweigen über Gewalt gegen Frauen nicht länger zu tolerieren und die Betroffenen nicht zu beschämen, sondern die Täter. Dafür müssen alle Institutionen, die mit Betroffenen zu tun haben, fortgebildet werden, damit sie Frauen glauben, ihre Gewalterfahrung ernst nehmen und keine Täter-Opfer-Umkehr betreiben, besonders: Familienrichter:innen, Polizeibeamt:innen, Mitarbeiter:innen von Jugendämtern. Gewaltfreiheit muss überall durchgesetzt werden. Dafür müssen Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden online präsent sein. Es darf keine rechtsfreien Räume geben, in denen Gewalt gegen Frauen normalisiert wird. Täter müssen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen und verurteilt werden. Außerdem muss der Staat die finanzielle Förderung für Frauenhäuser, Beratungsstellen und andere Hilfsangebote dringend ausbauen, zum Beispiel für Therapien nach einer gewaltvollen Beziehung. Besonders wichtig sind in diesem Zusammenhang auch Hilfsangebote für gewalttätige Männer. Denn viele wollen gar nicht gewalttätig sein, wissen aber nicht, wie sie da rauskommen. Eine Beobachtungsstelle zur Umsetzung der Istanbul-Konvention sollte eingerichtet werden.

Dass es etwas bringt, wenn Behörden das Thema „Gewalt gegen Frauen“ ernst nehmen und aktiv gegensteuern, zeigt sich in Ländern wie Spanien oder Frankreich. In Spanien ist schon seit 2007 eine Software im Einsatz, die Hochrisikofälle analysiert, also vorhersagt, wie wahrscheinlich Partner in einer Beziehung wiederholt gewalttätig werden. So kann die Polizei schnell mit geeigneten Maßnahmen reagieren. Während in Deutschland über 20 Prozent aller Frauen ab 15 Jahren schon einmal vom Partner sexuell oder anders körperlich misshandelt wurden, sind es in Spanien halb so viele. Psychische Gewalt durch den Partner erlebt in Deutschland jede zweite Frau, in Spanien jede dritte. Dass die Zahlen dort niedriger ausfallen, liegt daran, dass in den letzten 25 Jahren ein System ausgebaut wurde, das Betroffene schützt.

Auch das Beispiel Frankreich zeigt, wie schnell Maßnahmen gegen Partnerschaftsgewalt an Frauen Wirkung zeigen. Die Regierung ordnete 2019 an, Anzeigen wegen häuslicher Gewalt direkt nachzuverfolgen. „Anders als vorher, fahren die Polizisten jetzt sofort raus, wenn eine Frau den Notruf wählt. Und meist wird der gewalttätige Partner oder Expartner auch in Gewahrsam genommen“, erläutert Ernestine Rouai die irritierend einfache Strategie. Sie leitet im Pariser Vorort Saint-Denis eine sogenannte Beobachtungsstelle für Gewalt gegen Frauen und kann sich noch daran erinnern, wie Frauen am Notruftelefon „einfach abgewimmelt wurden“. Im Jahr 2020 sank die Zahl der Femizide in Frankreich von 146 auf 90, so wenige wie zuletzt im Jahr 2006, als die Zahl zum ersten Mal erhoben wurde. Zusammen mit elektronischen Hand- und Fußfesseln scheint die konsequente Strafverfolgung durch die Polizei tatsächlich ein wirkungsvolles Mittel zu sein, um Frauenmorde zu verhindern. Französische Aktivist:innen fordern, dass Präsident Macron eine Mrd. Euro statt der derzeit 360 Mio. Euro für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen bereitstellt, zum Beispiel für Frauenhäuser. Die Mittel der Deutschen Bundesregierung für den Schutz von Frauen vor Gewalt beliefen sich laut Deutschem Bundestag 2019 auf sechs Mio. Euro, also sechzig Mal weniger, als Frankreich aufwendete.

Es ist allerhöchste Zeit, außerdem auch präventive Maßnahmen zu ergreifen: vor allem Bildungsangebote in Kitas und Schulen, in denen toxische Männlichkeitsvorstellungen thematisiert werden. Kinder müssen dafür sensibilisiert werden, wie Männlichkeit mit Kontrolle und Gewalt zusammenhängt. Wie diese Verbindungen auch in unserer Kultur, in Fernsehen, Musik, Sport, immer wieder aufgenommen und hergestellt werden. Wir brauchen eine Debatte über Gewalt gegen Frauen und Kinder, über männliche Gewalt und die Folgen für Betroffene sowie unsere Gesellschaft. Und das alles muss jetzt gleich passieren, um Gewalt gegen Frauen zu beenden.


Susanne Kaiser ist Journalistin und Autorin. Sie schreibt unter anderem für die ZEIT, den SPIEGEL und Deutschlandfunk Kultur. Außerdem ist sie als Expertin bei Arte, WDR, ZDF oder Pro7 zu sehen. Im Februar ist ihr aktuelles Buch „Backlash – Die neue Gewalt gegen Frauen“ bei Tropen erschienen, davor Ende 2020 „Politische Männlichkeit. Wie Incels, Fundamentalisten und Autoritäre für das Patriarchat mobilmachen“ bei Suhrkamp. Seit 20 Jahren beschäftigt sie sich mit den Machtverhältnissen zwischen Männern und Frauen in muslimischen und in westlichen Gesellschaften, in jüngerer Zeit vor allem mit neu aufkommenden Phänomenen wie organisiertem Frauenhass und Sexismus.

 

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